Träume

Eine schwarze Nacht
Es ist besonders dunkel in dieser Nacht des 4.4.1978, und kalt, bitterkalt. Das niedergebrannte Haus glost noch, vereinzelte Trümmer im Garten brennen und lassen schemenhafte Gestalten erkennen. Vier verkohlte Leichen wurden gefunden. Als ich zu ihnen trete, merke ich, dass sie frieren. Ich schaffe sie zu einem einzelnen Feuer am Rande des Gartens, ein Gebüsch schützt sie vor der Schwärze des Horizonts. Ich erkenne Elisabeth unter ihnen. Sie wärmen sich am Feuer, sind dankbar:
"Du hast eine Frage frei, eine Frage, die deine Zukunft betrifft!" Mir fällt keine Frage ein, ich weiß, ich muss diese Frage gleich stellen, diese Chance dauert nicht lang, doch mir fällt keine ein. Es war nur ein Traum.
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14. 1. 1992
Ich geh mit meiner Mutter die Goldschlagstraße entlang. Vor dem Penzinger Friedhof wird aus ihr die Lisl, die Lisl Winkelmann. Ich umarme sie und bitte sie, mir ihr Grab zu zeigen. Sie geht zielsicher zum Grab ihres Vaters. Ein schwarzer Stein, braune Erde, keine Kränze. Ich weiß, es ist ihr Grab. Sie wirft sich auf ihr Grab und weint. Ich heb sie auf und führ sie weg. Sie entweicht mir, ich will sie einholen, doch sie schiebt einen anderen Grabstein zwischen uns und ist verschwunden. Ich danke ihr für diesen Traum.

Begegnung mit mir
Als ich auf die Dorfkirche zuschritt, sah ich den Sandler an der Portalwand lehnen:
"Wenn Gottes Traum ein Todes-Pflege-Traum ist, dann pflege ihn!"
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Praia da Rocha
Im obersten Stockwerk des hohen gelben Hauses im 20. Bezirk sind die Zimmer schief. Ich trete aus der Wohnung in das Stiegenhaus und bemerke, wie die Treppe immer schiefer wird. Ich kaufe ein rotes Buch für meine Mutter, Wiener Kochrezepte, an diesem heiligen Abend, 6 Uhr. Doch meine Gedanken kreisen um diese Schiefe, die verspührte Angst ist schmerzhaft.
Auf der Straße schenkt mir eine Frau 500 Schilling. Angst. Treffe Charly, er will sich das anschauen, diese Schiefe. Wir sind oben: "Naja, ganz schön schief, das sind sicher deine Psi-Kräfte." Wir flüchten aus diesem Haus. Auf der Straße treffe ich dann Erhard, ich kenne ihn aus der Lobau, mit seinem Vater, sie haben ein Kleinkalibergewehr. Am Brigittaplatz ziele ich auf Tauben, doch es sind zuviele Menschen dahinter. Aus dem Wirtshaus am Eck hole ich einige junge Leute, sie sollen sie sehen, diese Schiefe. Sie wollen das kurze Stück mit dem Taxi fahren. Verzweifelte Angst macht mich schreiend. Ein junger Russe fährt mit einem LKW durch das Marktgebiet, fährt gegen einen Stand, bleibt stehen und lächelt. Die jungen Leute aus dem Gasthaus gehen im schiefen Haus nach oben während ich gegenüber auf der Straße verbleibe.
Ich kann es nich ertragen, die Angst wird stärker, wird stärker. "N e i n!" schreit es aus mir heraus, das Haus stürzt innerlich zusammen, mein Fenster leuchtet blitzartig auf. Aus dem Schutt ragt nur ein Überlebender. "Der hat hier früher mal gelebt", sagt mir jemand.
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7.3.1984
Paul, der Hausfreund meiner Mutter, kommt, er geht zu mir in die Küche und wartet, bis meine Mutter fertig ist. Er holt sie, sagt er, jetzt bei Vollmond muss sie gehen. Paul sieht gut und friedlich aus, und jung, meine Mutter ebenfalls. Sie scheint ein bisschen aufgeregt, eher freudig als traurig, und sehr bestimmt, als sie mit Paul die Wohnung verlässt. Als ich ihnen durch's Küchenfenster nachschaue, bemerke ich, dass meine Mutter eine lange schwarze Robe trägt. Die Wohnung ist leer ohne meine Mutter. Ich verlasse die Wohnung und treffe Frau Erdmann, eine Nachbarin. Dann entdecke ich ein neues kleines Lokal, man muß eine enge Treppe hinuntergehen, um zu den Tischen zu gelangen. Am Ende dieser Treppe steht Norbert gelehnt, da das Lokal nicht sehr voll ist, sagt er: "Das Gute an dem Lokal ist, dass Du einfach zum Reden mit Deinen Nachbarn gezwungen wirst, so eng ist es." Er meint damit, dass man dadurch leicht Mädchen kennenlernt.
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19.10.1985
Christa sitzt in einem weißen Auto, das Fenster heruntergekurbelt, in der Gentzgasse, Ecke Martinstraße. Sie hat einen weißen Pelzmantel an und hält meinen steifen Penis fest in der Hand. Die Ampel wird grün, sie will rechts in die Martinstraße einbiegen, merkt aber, dass ich geradeaus gehe, so macht sie einen Schwenker und folgt mir.

1.11.1985
Christa und ich haben heimlich geheiratet. Das Problem ist, dass ich ihr nun nicht mehr schreiben darf, weil es sonst jeder wüsste, da sie ja jetzt Winkelmann heißt.

2.10.1985
Ich liege mit Lotte im Bett. Der Blick aus dem Fenster zeigt ein großes Haus, von einem riesigen Garten umgeben. Rasen mit Apfelbäumen. Aus diesem Apfelbaumbestand verschwindet ein Mädchen ins Haus. Irgendetwas stört mich daran und ich werfe zwei Teller in diesen Garten. Doch da erscheint dieses Mädchen nackt bei uns, eine Schale mit Pflaumenmuß in der Hand. Sie schmiert mir diesen Pflaumenmuß in's Gesicht. Es funkt, wir umarmen uns und kugeln auf dem Fußboden herum. Wir stehen auf und gehen zu ihrem Haus. Lotte folgt uns einfach. Wir steigen die breite Treppe empor. Machen wir es jetzt zu dritt? sind meine Gedanken.
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5.2.1986
Ich möchte nocheinmal in's Fenn. Norbert sagt, man kann nicht mehr durch. Doch ich überrede ihn. Der Anfang ist voller Scheiße, Hasenbemmerl, die die Wiese runterkullerten. Doch wir gehen durch, das Wasser wird wieder klar. Der Morast beginnt. Altes Gerümpel liegt herum. Vor einem großen Zahnrad versinke ich plötzlich bis zum Hals, doch Gott sei Dank habe ich Schwimmen gelernt, und so kann ich mich retten. Endlich geschafft. Auf der Brücke an der Krumme Lanke blicken wir zurück. Und da sehe ich unterhalb der Brücke eine wunderschöne Ringelnatter, orange gefärbt wie eine Kornnatter. Ich gehe hinunter und hebe sie auf, sie ist ganz zahm. Ich empfinde sie als Belohnung.

6.2.1986
Ich gehe mit meiner Mutter und meinem Sohn am Wasserwerk, Norberts Zuhause, spazieren. Norberts Mutter schaut aus dem Fenster, Norbert putzt die Fenster. Ich pfeife unsern Pfiff, so wie früher, doch er hört mein Pfeifen nicht. Norberts Mutter macht ihn aufmerksam. Wir gehen hinauf in die Wohnung, ein Herr mit ausgesuchten Pfeifen ist anwesend, Norbert soll sich eine wählen. Sein Vater liegt auf dem Boden. Norbert ist jung aber alt. Ich erzähle ihm von meinem Traum gestern. Er meint es stimmt, der Sumpf ist lauter Jauche geworden. Mein Sohn Horst und sein Bruder Rainer gehen auf den Dachboden spielen. Unten an der Brücke fange ich wieder eine Ringelnatter. In meiner Hand wird sie plötzlich orange und will mich beißen, doch ich passe auf. Sie erwischt mich nicht.
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Drei Träume in Berlin
26. 1. 1999
Wir treffen uns in einem schwarzen Raum, die Fenster fehlen, ein Mispelzweig hängt an der Wand. "Gehen wir noch in ein Lokal." Ich setze mich zu einem jungen schlanken schwarzhaarigen Mädchen an einen langen Tisch im Freien.
Es gibt im Ort ein Jazz-Fest: Wir gehen hin. Einzeln treten die Spieler aus einer Hauseinfahrt und spielen, sie werden immer jünger. Der letzte ist so um die zwanzig, er ist ganz in schwarz gekleidet und spielt Trompete.
Mit dem Mädel gehe ich eine Landstraße entlang, es gibt keine Bäume. Rechts der Straße ist ein See, von hohem Schilf umwachsen. Ich gehe durch das Schilf zum Ufer des Sees. Ein großer Wasserfrosch hüpft vor mir am Boden, ich versuche ihn zu fangen. Ich kniee nieder, er springt davon, aber ich erwische ihn. Dabei bemerke ich viele andere Frösche, alle tot, sie liegen auf der Erde, manchmal mit dem Bauch nach oben. Ich nehme einen und werfe ihn ins Wasser, um zu sehen, ob er noch lebt oder sich nur totstellt, doch er geht unter. Auch im Wasser sind viele tote Frösche. Durch das Schilf erscheinen zwei Gestalten. Der eine ist ganz in eine Plastikfolie gehüllt und fragt mich, ob ich hier meine Doktorarbeit mache. "Ja" antworte ich.
"Das will ich auch einmal machen", antwortet er.
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2. 2. 1999
Die kleine Hütte am Strand hat eine Tür, verhangen durch Stoffstreifen. Ich gehe hindurch und bin am Ufer des Meeres, ich gehe wieder hinein und stelle fest, dass es nicht mehr die selbe Zeit ist. Ich gehe wieder hinaus, wandere am Strand entlang und treffe Clemens und Christine, zwei alte Freunde. Ich erzähle ihnen, dass wir in einer anderen Zeit sind. Das ist so, antworten sie.

23. 2. 1999
Es ist eine Baracke, aus dessen Fenster ich schaue. Sie ist lang und schäbig. Der Raum ist leer, links ist ein großes Tor hinter dem sich weitere Hallen befinden. Ich sehe einen Garten mit einem Maschenzaun, dahinter eine Obstplantage. Rechts ist der Garten ebenfalls durch einen Maschenzaun begrenzt, dahinter ein Garten mit einem Haus. Durch diesen Garten geht ein junges Mädchen auf die Haustür zu. Plötzlich erscheint ein Löwe und das Mädchen flüchtet über den Zaun in den Garten gegenüber mit der Plantage, dann überklettert sie den Zaun, der den Garten zu mir trennt. Doch der Löwe springt gleich in diesen Garten und das Mädchen möchte wieder zurück zur Plantage fliehen. Vor dem Zaun stürzt das Mädchen und liegt hingestreckt auf dem Bauch. Der Löwe stürzt sich auf sie und reißt ihr die Kleider vom Leib. In diesem Moment stürmen einige Leute in die Baracke auf mich zu und sagen: "Du kannst sie nur retten, wenn Du mitkommst!"
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Schlafwandeln
Als kleines Kind hatte ich eine Zeitlang den gleichen Traum:
Vor einem roten Hintergrund tanzten weiße und schwarze Striche auf und ab. Doch plötzlich tauchte ein nierenförmiges dunkles Etwas auf und begrub einen dieser Striche unter sich. Das war genau der Zeitpunkt, bei dem mich der Gedanke: "Ich muß jetzt etwas Böses tun" aufstehen ließ. Mit vorgestreckten Händen bewegte ich mich durch's Zimmer, das nur vom Mondlicht erhellt wurde. Ich warf jedesmal etwas aus dem Fenster und legte mich wieder nieder. Am nächsten Morgen konnte ich mich an nichts erinnern, nur meine Mutter erzählte mir davon, was sie in der Früh immer aufsammelte, zum Beispiel ihre Strümpfe. Doch drei bis vier Tage später, kamen die Bilder wieder ins Bewusstsein. Einmal wollte ich sogar den Goldfisch hinauswerfen, doch irgend etwas hielt mich davon ab. Bei jedem Traum und der folgenden Aktion wurden die tanzenden Striche weniger, bis auf einmal keine mehr da waren. Von da an hörte das Schlafwandeln auf.

Wiederholt träumte ich von brüchigen Treppen, die ich hinaufzusteigen habe, von hohen schneebedeckten steilen Bergen, von denen ich hinunter ins Tal will. Oft verwinkelten und verschachtelten, mit Geheimgängen versehenen Gebäuden, in denen ich gejagt werde, auch von Gruften, in denen etwas zu suchen ist. Von klarsten Meeresschluchten, in denen ich tauche und es von Haien nur so wimmelt. Aber jedesmal ging es gut aus.
Manchmal träumte ich in Fortsetzungen.
Hin und wieder, wenn mir ein Traum nicht gefiel, spulte ich ihn zurück, und träumte in eine andere Richtung weiter.
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